Warum Microsofts E-Mail-Sperre ein klares Signal für digitale Souveränität ist – und was die öffentliche Verwaltung jetzt tun muss
Die Nachricht aus Den Haag hat Wirkung gezeigt: Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) sah sich gezwungen, Microsofts E-Mail-Dienste zu sperren – nicht aus Unmut über den Dienst selbst, sondern als direkte Reaktion auf Blockaden durch den Anbieter bei Ermittlungen gegen Kriegsverbrechen. Dieses Ereignis ist mehr als ein Einzelfall; es ist ein Symbol dafür, wie verletzlich digitale Infrastrukturen werden können, wenn sie auf ausländische, proprietäre Systeme angewiesen sind.
Für staatliche Institutionen in Europa – insbesondere für die öffentliche Verwaltung – ist dies ein Weckruf. Der Vorfall zeigt drastisch, dass digitale Souveränität kein abstraktes Ideal, sondern eine konkrete Notwendigkeit ist. Es geht um Kontrolle, Sicherheit und Unabhängigkeit – Werte, die gerade in der öffentlichen Hand nicht verhandelbar sein dürfen.
Digitale Abhängigkeit: Eine stille Gefahr
Viele Verwaltungen in der Schweiz, Deutschland und ganz Europa stützen sich auf Softwarelösungen von US-amerikanischen Tech-Giganten wie Microsoft, Google oder Amazon. Diese Anbieter bieten zwar leistungsstarke Dienste, aber sie operieren nach ihren eigenen Bedingungen – und häufig auch nach den Gesetzen ihres Heimatlandes. So kann es vorkommen, dass Ermittlungen internationaler Gerichte an den Regeln eines Unternehmens scheitern oder Behörden im Krisenfall plötzlich ohne Zugriff auf kritische Daten dastehen.
Digitale Souveränität bedeutet in diesem Kontext: die Fähigkeit, digitale Infrastrukturen selbstbestimmt, unabhängig und nachhaltig zu betreiben. Wer sich auf externe, proprietäre Plattformen verlässt, gibt diese Kontrolle aus der Hand – mit potenziell gravierenden Folgen für die Handlungsfähigkeit des Staates.
Öffentliche Verwaltung im Wandel – EMBAG als Wegweiser
Die Schweiz hat diese Herausforderung erkannt und mit dem EMBAG (Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben) einen konkreten Schritt gemacht. Dieses Gesetz verpflichtet zur Veröffentlichung öffentlich finanzierter Software unter Open-Source-Lizenzen. Ziel ist es, durch offene Technologien mehr Transparenz, bessere Wiederverwendbarkeit und langfristige Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Open Source ist dabei nicht nur eine technische Entscheidung – es ist ein Governance-Modell. Es erlaubt Verwaltungen, ihre Software gemeinsam zu entwickeln, unabhängig von Einzelanbietern zu pflegen und an eigene Bedürfnisse anzupassen. Zudem können Sicherheitslücken schneller entdeckt und behoben werden, da der Quellcode offen einsehbar ist.
GOV-ONE – Ein Beispiel für souveräne Digitalisierung
Ein konkreter und zeitgemässer Lösungsansatz ist GOV-ONE, eine Plattform, die Schweizer Verwaltungen bei der Digitalisierung unterstützt – und zwar auf souveräne und datenschutzkonforme Weise.
Die Besonderheit von GOV-ONE liegt in ihrem modularen Aufbau: Behörden können verschiedene Bausteine wie Geschäftsverwaltung oder digitale Formulare kombinieren und in ihre bestehende Infrastruktur integrieren – ganz ohne Abhängigkeit von einem proprietären Cloudanbieter. Die Plattform erfüllt höchste Standards in Sachen Datenschutz (inkl. DSGVO und DSG) und bietet Verschlüsselung „by design“, was die Hoheit über sensible Daten sichert.
Ein weiterer Vorteil: GOV-ONE fördert die Wiederverwendung von Softwarelösungen unter öffentlichen Institutionen. Was eine Gemeinde entwickelt, kann eine andere übernehmen und weiterentwickeln. So entstehen Synergien, Ressourcen werden effizienter genutzt, und digitale Innovation verteilt sich breit statt zentralistisch.
Schlussfolgerung: Jetzt handeln – oder riskieren, abgehängt zu werden
Die Entscheidung des IStGH sollte für die öffentliche Verwaltung ein Signal sein, endlich konsequent auf digitale Eigenständigkeit zu setzen. Proprietäre Lösungen mögen kurzfristig bequem erscheinen – sie sind jedoch langfristig riskant. Eine moderne Verwaltung muss in der Lage sein, ihre kritischen Prozesse jederzeit selbst zu steuern, unabhängig von politischen oder wirtschaftlichen Einflüssen im Ausland.
Plattformen wie GOV-ONE zeigen, dass es realistische, praxiserprobte Alternativen gibt. Es ist an der Zeit, nicht nur von digitaler Souveränität zu sprechen, sondern sie auch aktiv zu gestalten.